Berlin, 22. Dezember 2022 – Vor dem Hintergrund der derzeitigen, sehr starken Infektionswelle fordert der Deutsche Hausärzteverband Sofortmaßnahmen zur Entlastung der Praxen sowie zur Sicherstellung der Versorgung. „Die Hausarztpraxen sind aktuell extrem ausgelastet. Wir brauchen dringend Sofortmaßnahmen zur Entlastung und Stärkung der hausärztlichen Versorgung, vergleichbar mit denen, die während der Corona-Pandemie von der Politik ergriffen wurden. Wir dürfen jetzt keine Zeit mehr verlieren, sonst wird es immer schwieriger, eine gute Versorgung aufrechtzuerhalten“, so Dr. Markus Beier, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes.
Konkret fordert der Deutsche Hausärzteverband kurzfristig drei Maßnahmen:
1. Hausärztinnen und Hausärzte, die in der aktuellen Infektionswelle die Versorgung der Bevölkerung sicherstellen, müssen besonders gefördert werden. Ähnlich wie während der Corona-Pandemie, sollten Hausärztinnen und Hausärzte daher Versorgungsleistungen, die sie zur Bewältigung der aktuellen Infektionswelle (insbesondere Versorgung von Patientinnen und Patienten mit RSV, Influenza und Corona) erbringen, vollständig extrabudgetär vergütet bekommen. Dies muss sowohl für Leistungen zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen, die zu einem relevanten Teil von Hausärztinnen und Hausärzten gestemmt werden, als auch für Leistungen zur Versorgung von Erwachsenen gelten. Die Versorgung der aktuell sehr großen Infektionswelle ist derzeit nicht in der Morbiditätsorientierten Gesamtvergütung (MGV) nicht abgebildet. Daher darf die extrabudgetäre Vergütung nicht bereinigt werden.
2. Eltern von erkrankten Kindern, müssen derzeit ab dem ersten Tag der Erkrankung dem Arbeitgeber, bzw. der Krankenkasse ein ärztliches Attest vorlegen. Diese Regelung ist, insbesondere vor dem Hintergrund des aktuell sehr hohen Patientenaufkommens, realitätsfern und belastet Hausärztinnen und Hausärzte sowie Familien gleichermaßen. Es sollte kurzfristig eine Regelung geschaffen werden, die eine Krankmeldung von Kindern ohne ärztliches Attest für mindestens drei Tage ermöglicht.
3. Die Möglichkeit zur telefonischen Krankschreibung – sofern eine persönliche ärztliche Konsultation aus medizinischer Sicht nicht zwingend erforderlich ist – entlastet die Hausarztpraxen spürbar. Derzeit wird das Ausstellen einer telefonischen Krankschreibung schlechter vergütet als das Ausstellen einer Krankschreibung nach persönlicher Konsultation in der Praxis. Wie schon während der Corona-Pandemie, sollten die Regelungen zur telefonischen Krankschreibung mit denen einer Krankschreibung nach persönlicher Konsultation gleichgestellt werden. So kann sichergestellt werden, dass Hausärztinnen und Hausärzte, die telefonische Krankschreibungen ausstellen, nicht finanziell schlechter gestellt werden.
„Die von uns vorgeschlagenen Maßnahmen würden kurzfristig wirken und die Belastung in den Praxen spürbar reduzieren. Gleichzeitig würden gezielt die Praxen gestärkt werden, die die Versorgung der Bevölkerung unter enormem persönlichen Einsatz tagtäglich sicherstellen. Wir erwarten von den politisch Verantwortlichen, dass sie nicht immer nur auf die Situation in den Krankenhäusern schauen, sondern endlich auch den niedergelassenen Hausärztinnen und Hausärzten unter die Arme greifen“, sagte Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth, erste stellvertretende Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes. „Gleichzeitig muss die aktuelle Situation die Politik wachrütteln: Neben den Sofortmaßnahmen brauchen wir auch langfristige Konzepte, wie die hausärztliche Versorgung gestärkt werden kann. Ansonsten wird die Situation von Jahr zu Jahr angespannter“, so Buhlinger-Göpfarth.