Nachrichten Detailansicht

Rundbrief der Bundesvorsitzenden am 22.07.2024

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

kurz vor der politischen Sommerpause hat das BMG noch einmal deutlich an Tempo zugelegt. Allein in der vergangenen Woche sind vier Gesetzesvorhaben vom Kabinett beschlossen worden.

Unter diesen Kabinettsbeschlüssen war auch die Notfallreform. Die zwar – und das wird niemand bestreiten – dringend notwendig ist, aber in der jetzigen Form nur scheitern kann. Hier hat eine rein krankenhauszentrierte Regierungskommission „Wünsch dir was“ gespielt und das Ergebnis soll nun die ambulante Versorgung ausbaden. Kein Zweifel, der Entwurf enthält auch gute Punkte. Etwa die Vernetzung der 116117 mit der 112 oder die Stärkung der Ersteinschätzung über einen gemeinsamen Tresen, bevor die Ankommenden in der Notaufnahme landen. Aber es werden eben auch mindestens so viele Luftschlösser gebaut! Mit einem 24/7-aufsuchenden und -telemedizinischen Bereitschaftsdienst sollen etwa die Lücken der viel zu lange verschlafenen Krankenhausreform gestopft werden. Ohne uns! Auch wir kämpfen mit den politischen Versäumnissen der letzten Jahrzehnte – während die Kliniken Milliarden über Milliarden bekommen. Wer mehr ambulante Versorgung will, muss erst einmal anfangen, in diese zu investieren! Die gute Nachricht ist: Auch die Öffentlichkeit erkennt nach zahlreichen Gesprächen dieses Dilemma. Ob Tagesschau, Mittagsmagazin oder die Tageszeitungen – die Warnungen der Hausärztinnen und Hausärzte waren laut vernehmbar! Bleibt die Frage, ob die Politik willens ist, ihren Irrweg einzusehen und umzukehren. Wir bleiben dran!

Apropos Irrweg: Wahnwitzig ist auch die Vorstellung von unserem gebietsfachärztlichen Kollegen und Vorsitzenden der KBV, Andreas Gassen, ein Primärarztmodell auch ohne Primärarzt einzuführen. So sprach er sich in einem Interview für eine gesteuerte Versorgung aus, um dann zu ergänzen, das müsse ja dann nicht unbedingt über uns Hausärztinnen und Hausärzte laufen, das könnten ja auch Gebietsfachärztinnen und -fachärzte. Abstrus mutet das nicht nur wegen der völlig anderen Schwerpunkte an (Was soll denn ein Orthopäde seiner Patientin mit Magenschmerzen sagen?), sondern auch angesichts der Tatsache, dass die fachärztlichen Kolleginnen und Kollegen aktuell immer lauter klagen, Termine nicht unter einem halben Jahr anbieten zu können. Dass es mit der HZV schon ein etabliertes System gibt, in dem hausärztliche wie fachärztliche Praxen wunderbar zusammenarbeiten, wird dabei einmal mehr ganz bewusst ignoriert. 

Zuletzt noch etwas Erfreuliches: Unser Druck hat gewirkt und der G-BA nach langem Hin und Her endlich entschieden, dass wir Hausärztinnen und Hausärzte bei der Verordnung von medizinischem Cannabis keinem Genehmigungsvorbehalt unterliegen. Eine andere Entscheidung wäre wirklich niemandem zu vermitteln gewesen: Uns die Verschreibung von Medizinalcannabis zu erschweren, während der Gesetzgeber gleichzeitig Cannabis zu Genusszwecken legalisiert, wäre wirklich zu abstrus gewesen. Ein Wermutstopfen bleibt: Der Beschluss wird leider nicht das unsägliche Regressrisiko mindern. Die Kassen sollten endlich mal einsehen, dass sie Bürokraten sind, die die Finanzen verwalten, und keine Mediziner, die die Kompetenz für Zweifel an unseren Entscheidungen haben – hier liegt noch viel Arbeit vor uns. Bei Unsicherheit, ob eine Therapie mit Medizinalcannabis zulasten der Krankenkassen von den gesetzlichen Vorgaben gedeckt ist, können Sie deshalb freiwillig vorab eine Genehmigung von den Kassen beantragen. Für jetzt wollen wir Ihnen aber erst einmal einen guten Start in die Ferienzeit wünschen. Erholen Sie sich gut! Wir halten Sie auf dem Laufenden!

Mit besten Grüßen

Dr. Markus Beier             Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth
Bundesvorsitzender        Bundesvorsitzende