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Rundbrief der Bundesvorsitzenden vom 14.10.2024

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

die Novellierung der GOÄ ist die never-ending story des Gesundheitswesens. Nach Jahrzehnten (!) schier unendlicher Diskussionen und Verhandlungen liegt seit wenigen Wochen erstmals ein zwischen Kostenträgern und Bundesärztekammer konzertierter Entwurf für eine neue GOÄ vor. Eine Umsetzung steht leider dennoch weiter in den Sternen. Gerne möchten wir die Chance nutzen und Ihnen einen Überblick zur aktuellen Situation geben und dabei die wichtigsten Fragen für uns Hausärztinnen und Hausärzte beantworten.

Wie ist der aktuelle Stand?

Nach jahrzehntelangen Diskussionen haben sich die Bundesärztekammer, der Verband der privaten Krankenversicherung und die Beihilfe auf einen Entwurf einer neuen Gebührenordnung geeinigt – inklusive der Preise für die einzelnen Leistungen. Dies hatte die Politik stets als Voraussetzung genannt, um eine neue GOÄ zu erlassen. Der Entwurf wurde vor wenigen Wochen den Verbänden zur Prüfung zugeleitet. Seitdem haben sich eine Vielzahl an Verbänden hierzu positioniert. Eine Reihe von Facharztverbänden äußerten sich kritisch. Andere, wie der Bundesverband der Internistinnen und Internisten (BDI), der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen (BVKJ), der NAV-Virchowbund, derBundesverband Niedergelassener Diabetologensowie wir als Hausärztinnen- und Hausärzteverband haben sich – trotz einiger inhaltlicher Kritikpunkte – für eine baldige Umsetzung des Entwurfs ausgesprochen.

Was würde die neue GOÄ für die Hausärztinnen und Hausärzte bedeuten?

Die neue GOÄ wäre für die Hausärztinnen und Hausärzte eine deutliche Verbesserung.

In der aktuell gültigen GOÄ sind die typisch hausärztlichen Leistungen, insbesondere die sprechende Medizin, massiv unterbewertet. Der nun vorliegende Entwurf würde ärztliche Leistungen wie Untersuchungen und Patientengespräche deutlich aufwerten. Davon würden alle Fächer profitieren. Gleichzeitig soll eine Reihe von Leistungen, die wir Hausärztinnen und Hausärzte regelmäßig erbringen, besser honoriert werden. Erfreulich ist auch, dass bestimmte Leistungen, die derzeit gar nicht vergütet werden, neu aufgenommen wurden. Dazu zählt beispielsweise der so genannte „Hausarztversorgungsfall“, der die Betreuungsleistung von uns Hausärztinnen und Hausärzten mit mindestens 90 Euro (abrechenbar zweimal im Halbjahr) honoriert. Auch die Befundsichtung – aktuell eine kostenlose Leistung – ist neu aufgenommen worden.

Natürlich gibt es auch verschiedene Punkte, die wir uns anders gewünscht hätten. Unter dem Strich jedoch gilt: Der Entwurf ist eine deutliche Verbesserung zum derzeitigen Status Quo. Übrigens: Dies gilt, obwohl in Zukunft höhere Schwierigkeitsgrade nicht mehr über Steigerungsfaktoren, sondern über Zuschläge abgedeckt werden sollen.

Wie transparent wäre die neue GOÄ?

Auch hier böte die neue GOÄ unter dem Strich eine spürbare Verbesserung.

Die aktuelle GOÄ ist sowohl für die Praxen als auch unsere Patientinnen und Patienten intransparent. Häufig ist es kaum noch nachvollziehbar, welche Leistungen wie abgerechnet wurden. Das führt zu Diskussionen und kann unter Umständen auch das Verhältnis zu den Patientinnen und Patienten belasten. Viele hausärztliche Praxen rechnen gar nicht mehr alle Leistungen für ihre Privatpatienten ab, da sie keine Zeit für die Details der Ausschlüsse oder Abrechnungsvoraussetzungen haben. Auch die neue GOÄ ist mit knapp 5.500 Ziffern extrem umfassend. Trotzdem lässt sich festhalten: Sie wäre deutlich praktikabler und rechtssicherer als die derzeit gültige, denn sie ist auf dem aktuellen Stand der Medizin und definiert die Leistungen sehr viel genauer als die alte GOÄ.

Soll in der neuen GOÄ eine Budgetierung eingeführt werden?

Nein! Alle Leistungen sollen auch zukünftig vollständig bezahlt werden – ohne Mengenbegrenzung. Richtig ist, dass die Verhandlungspartner vereinbart haben, sich nach drei Jahren die Entwicklung bestimmter Leistungen anzuschauen. Dieses Gremium hat jedoch keine Entscheidungskompetenz, sondern kann lediglich Empfehlungen abgeben. Ob und inwiefern das die für Hausarztpraxen relevanten Leistungen betrifft, ist derzeit nicht absehbar.

Wie geht es jetzt weiter?

Schlussendlich muss eine neue GOÄ vom Bundesgesundheitsministerium erlassen werden. Die aktuelle Bundesregierung hat bisher aus ideologischen Gründen hierbei keinen Finger gerührt.

Klar ist aber auch: Wenn die Ärzteschaft den aktuellen Entwurf nicht mit einem klaren Votum unterstützt, dann rückt eine Umsetzung in weite Ferne – nicht nur in dieser, sondern auch in der kommenden Legislaturperiode. Die Folge wäre, dass wir mit der aktuell gültigen und vollkommen veralteten GOÄ weiterarbeiten müssten. Umso bedenklicher ist es, dass viele Akteure, die jahrzehntelang die Novellierung der GOÄ lautstark gefordert haben, sich dem nun erzielten Kompromiss – und damit auch der Stärkung der sprechenden Medizin – verschließen. Die Bundesärztekammer wird die Verbände jetzt erneut zu Gesprächen einladen und versuchen, eine Lösung zu finden. Dies wird weitere Zeit in Anspruch nehmen.

Nur mit einem geeinten Entwurf besteht die Chance, die Politik in den kommenden Jahren von der dringend notwendigen Novellierung der GOÄ zu überzeugen. Als Hausärztinnen- und Hausärzteverband werden wir dafür eintreten, diese Chance zu nutzen!

Mit kollegialen Grüßen

Dr. Markus Beier             Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth
Bundesvorsitzender        Bundesvorsitzende