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Rundbrief des Bundesvorsitzenden, Ulrich Weigeldt, am 14.01.2020

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

zunächst einmal möchte ich diesen Rundbrief zum Anlass nehmen, Ihnen für das neue Jahr beruf­lich und privat alles Gute zu wünschen – vor allen Dingen Gesundheit und natürlich gutes Gelingen bei der Versorgung Ihrer Patienten.

Vor uns liegt wieder ein Jahr, in dem die gesundheitspolitischen Herausforderungen nicht kleiner werden. Die große Koalition scheint ja nun doch zu halten, so dass uns mit ihr auch der aktuelle Gesundheitsminister vorerst erhalten bleibt. Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass damit die Auswirkungen auf unsere Praxen weiterhin deutlich spürbar sein werden.

Der Hausarztberuf ist einer der schönsten Berufe überhaupt. Damit das auch zukünftig so bleibt und wir genug junge Menschen dafür begeistern können, müssen wir stets und ständig bei an­stehenden gesundheitspolitischen Entscheidungen darum kämpfen, negative Auswirkungen auf unsere alltägliche Arbeit zu verhindern. Dazu müssen wir uns immer wieder aktiv, auch mit eigenen Vorschlägen, in die politische Debatte einbringen

Freiwilliges Primärarztsystem HZV

So setzt sich der Deutsche Hausärzteverband schon seit Jahren dafür ein, dass Hausärztinnen und Hausärzte erste Ansprechpartner für alle medizinischen Fragestellungen sind und, wenn notwendig, die Koordination der Behandlung übernehmen. Unnötige Untersuchungen und Behandlungen können wir damit vermeiden und so die Versorgungsqualität steigern und unsere Patienten vor Überversorgung schützen.

Das dafür notwendige, für Hausärzte wie für Patienten, freiwillige Hausarztsystem gibt es bereits: die Hausarztzentrierte Versorgung, kurz HZV. Dieses System funktioniert nur deshalb seit über 11 Jahren kontinuierlich, weil es von Hausärzten für Hausärzte entwickelt wurde und von einer rein hausärztlichen Organisation umgesetzt wird. Die Verträge mit den Krankenkassen werden von den hausärztlichen Landesverbänden und dem Bundesverband verhandelt und abgeschlossen. Ideen, dies über Facharzt-dominierte Organisationen zu versuchen, führen zu einem Ende dieser erfolg­reichen, von Patienten und Hausärzten gleichermaßen geschätzten Versorgungsform. Versuche gab es immer wieder, aber die Facharztdominanz in den KVen hat bislang jeden oft über die Politik erkämpften Fortschritt wieder aufgesogen! Deswegen erteilen wir jeglichen Überlegungen zur Ein­führung sogenannter Primärarztsysteme eine klare Absage – egal, ob sie nun aus finsterer Absicht oder einfach nur aus Naivität in die Welt gesetzt werden!

Rabattschlachten der Krankenkassen gefährden die Versorgung

Ein ärgerliches Phänomen greift immer weiter um sich: Lieferengpässe von Medikamenten. Damit stehen unseren Patienten immer häufiger die gewohnten und bewährten Medikamente nicht mehr zur Verfügung. Dies kommt zum Ärgernis mit der Austauscherei von Medikamenten wegen wech­selnder Rabattverträge noch hinzu. Es reicht!

Man wird sich die Frage stellen müssen, ob die Rabattschlachten der einzelnen Krankenkassen um den letzten Cent sein müssen. Das Ergebnis ist letztlich eine Gefährdung der Versorgung. Durch das Prinzip, dass nur der billigste Anbieter in den Markt kommt, hat schon zu einer Reduzierung der Produzenten geführt; die ehemalige Apotheke der Welt, Deutschland, produziert kaum noch Medi­kamente. Die Produktion ist in asiatische Länder „outgesourced“, wie Bangladesch, China und Indien.

Die zaghaften Versuche, durch ein Gesetz etwas zu ändern, sind untauglich. Vorratshaltung, meh­rere Anbieter zuzulassen und Ähnliches sind Vorschläge, die entweder zu spät kommen oder am Problem vorbei zielen.

Krankenkassen sollen sich um die Versorgung kümmern und diese nicht mit dem Schielen auf ein profitables Jahresergebnis gefährden! Es leiden wir Hausärzte, die Apotheker und nicht zuletzt die Patienten, unter diesem Kampf um den letzten Cent. Vielleicht ist es einer Überlegung wert, die Preisgestaltung eher zentral zu regeln, denn der Industrie kann man das nicht überlassen.

Digitalisierung

Wir müssen uns mit diesem Thema beschäftigen und haben dazu strategische Grundsätze, die uns leiten. Der Bundesvorstand, aber auch die nächste Delegiertenversammlung, werden sich damit beschäftigen. Nihil nocere gilt auch hier, für Patienten wie für Ärzte. Dabei geht es um Daten­sicherheit wie die Abläufe in der Praxis, die nicht behindert und weiter bürokratisiert werden dürfen!

Deshalb müssen wir uns an den Diskussionen und Projekten aktiv beteiligen, denn wer außer uns kann die Auswirkungen auf die Praxis und auf die Patientenversorgung denn beurteilen? Dafür ist der gesetzlich verbriefte Sitz im gematik-Beirat nützlich. Häufig ergibt sich dort eine (natürliche) Allianz von uns mit den Vertretern und Vertreterinnen der Patienten und Versicherten.

Wir werden weiter aktiv an digitalen Lösungen arbeiten, von denen wir einen Nutzen für die täg­liche Versorgung erkennen und erwarten können. Dieses ist bei Projekten wie dem elektronischen Rezept und bei einer gesicherten Kommunikation zwischen Patienten und ihren Hausärztinnen und Hausärzten der Fall.

Irgendwelche Apps, die unseren Kriterien nicht genügen, werden wir jedenfalls nicht fördern – das haben wir in der Vergangenheit schon gezeigt. So etwas wie eine elektronische AU, die ZUSÄTZLICH noch ausgedruckt werden muss, können wir nicht gebrauchen. Aber wenn ein Gesetz schon „Bürokratieentlastungsgesetz heißt, was soll man da anderes erwarten?

Also, auch das neue Jahrzehnt beginnt mit einem gerüttelten Maß an Aufgaben, an deren Bewältigung wir uns wieder mit Elan machen. Wir lassen uns nicht verdrießen!

Ich hoffe, Sie hatten besinnliche Festtage und einen guten Übergang ins Jahr 2020!

Herzliche Grüße

Ulrich Weigeldt

Bundesvorsitzender