Berlin, 16.07.2024 – In der morgen stattfindenden Kabinettssitzung soll das Gesetz zur Reform der Notfallversorgung vom Bundeskabinett beschlossen werden. Hierzu erklären die Bundesvorsitzenden des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth und Dr. Markus Beier:
„Niemand im Gesundheitswesen bestreitet, dass es dringend eine Reform der Notfallversorgung braucht, denn die bisherige Struktur ist zum Scheitern verurteilt. Mit dem Entwurf, der morgen vom Bundeskabinett beschlossen werden soll, macht sich die Bundesregierung jedoch etwas vor. Die Pläne mögen zwar gut gemeint sein, sind jedoch in dieser Form nicht umsetzbar und sollten daher im parlamentarischen Verfahren grundlegend angepasst werden.
Die Bundesregierung verspricht den Patientinnen und Patienten Versorgungsangebote, ohne zu sagen, woher das Fachpersonal dafür kommen soll. So soll beispielsweise eine 24/7-telemedizinische und aufsuchende notdienstliche Versorgung aufgebaut werden – sprich parallel zu den regulären Praxisöffnungszeiten! Mit welchen Ärztinnen und Ärzte und welchen nicht-ärztlichen Fachkräften das gestemmt werden soll, bleibt ein Geheimnis. Die Hausarztpraxen können jedenfalls definitiv keine Fachkräfte entbehren. Schon heute fehlen knapp 5.000 Hausärztinnen und Hausärzte und etwa 11.000 Medizinische Fachangestellte. Die Pläne der Bundesregierung würden diesen ohnehin schon dramatischen Trend weiter beschleunigen.
Bevor man das Gesundheitswesen mit neuen Angeboten immer komplexer macht, sollte man sich zunächst die Frage stellen, ob immer neue Parallelstrukturen die Situation langfristig überhaupt verbessern. Die kurze Antwort lautet: Nein. Wir brauchen nicht unzählige, schlecht aufgestellte parallel arbeitende Strukturen, sondern lieber ausgewählte, gut ausgestattete und effiziente Angebote.
Wir wissen aus verschiedenen wissenschaftlichen Studien, dass eine stärkere Steuerung der Versorgung durch Hausärztinnen und Hausärzte die Überforderung der Notaufnahmen nachhaltig eindämmen kann, denn so wird sichergestellt, dass Patientinnen und Patienten wirklich nur dann die Notfallstrukturen nutzen, wenn es notwendig ist. Der Fokus sollte auf solchen, echten Strukturveränderungen liegen und nicht darauf, Versorgungsangebote aufzubauen, die die Probleme eher kaschieren, statt sie zu lösen.“